pv magazine highlight top business model für dvlp: Per Mausklick zu Ackerzahl und Netzparametern

Das Start-up dvlp unterstützt Projektentwickler bei der Suche und Entwicklung von neuen Flächen für Photovoltaik-Anlagen. Momentan stehen besonders Hilfsmittel im Fokus, die eine Einschätzung der Chancen für einen reibungslosen Netzanschluss unterstützen.

Die Formen lassen sich kaum mit üblichen geometrischen Figuren beschreiben. Auf der Karte bilden sie zwei Vielecke, verbunden durch eine schmalen Steg, irgendwo in Bayern. Drumherum Straßen, Häuser, Wald, Vogelschutzgebiete und Naturschutzgebiete. Etwas entfernt eine Reihe von 20-Kilovolt-Stromleitungen. Eine führt sogar durch die Vielecke hindurch. Warum sollte man gerade dort ein Photovoltaik­kraftwerk mit ungefähr zehn Megawatt Leistung bauen? Laut Angabe der Plattform von dvlp liegen 63 Prozent in sogenanntem benachteiligten Gebiet. Das ist wichtig für die EEG-Förderung. Und nur 400 Quadratmeter sind Biotope. Das Gebiet scheint zunächst gut geeignet.

Benedikt Ziegert klickt auf eines der Bedienfelder rechts im Bild. Es erscheinen lila Kreise. „Das sind Umspannwerke“, sagt der Leiter Projektentwicklung von Onesolar. Zwei sind ungefähr drei Kilometer entfernt – eine Distanz, die heute durchaus akzeptabel ist. Er fährt mit dem Zeiger über einen der Kreise, dann erscheint ein Fenster. Im Oktober kam es sieben Mal zu Redispatch-Maßnahmen, bei denen Anlagen abgeregelt werden mussten. Man kann auch sehen, ob bereits Photovoltaikanlagen in der Nähe existieren. „Das erlaubt uns abzuschätzen, wie wahrscheinlich es ist, dass hier noch freie Netzanschlusskapazität zur Verfügung steht“, sagt der Experte. Selbst wenn es nicht klappen sollte, sofort einen Anschluss zu bekommen, an anderer Stelle zeigt ein Symbol auf der Karte, dass bis zum Jahr 2028 ein Ausbau des Verteilnetzes geplant ist. Dann kann man immerhin die Pipeline für die Zukunft aufbauen.

„Netzanschlüsse sind eines der großen Probleme“, sagt Oliver Schmidt. Er hat mit Fabio Oldenburg und Oliwia Golec das Start-up dvlp gegründet, das die Planungsplattform bereitstellt. „Die Abkürzung steht für ‚develop‘“, sagt er. Sie bündelt öffentlich zugängliche und nicht öffentliche Geodaten in einem Geoinformationssystem (GIS), so dass Photovoltaik-Projektentwickler relevante Informationen schnell abrufen können. Sie können so schneller als ohne ein solches Hilfsmittel entscheiden, an welchen Flächen zu arbeiten sich lohnt. Solche sogenannten WebGIS-Plattformen gibt es auch von großen internationalen Wettbewerbern, die in vielen Ländern unterwegs sind. „Wir wollen dagegen der Local Hero im deutschsprachigen Raum sein“, sagt Schmidt.

Highlights und spotlights

 

Preis für gute Ideen: In der Februar-Runde zeichnet pv magazine eine Einreichung als highlight top business model und zwei Einreichungen als pv magazine spotlight aus. Das sagt die Jury:

dvlp: Projektenwicklungs-Tool hilft auch beim Netzanschluss

Mit 6,7 Gigawatt Zubau lief das Segment der Freiflächenanlagen letztes Jahr rund. Doch hinter jedem dieser Projekte stecken viel Arbeit und eine lange Entwicklungszeit. Das Start-up dvlp ist angetreten, die Arbeit der Entwickler zu vereinfachen und zu beschleunigen. Dazu zeigt die Plattform in einem WebGIS-Tool viele auch schwer zugängliche Parameter an, die es erlauben, die Umsetzbarkeit für ein Projekt früher besser einzuschätzen. Da für die Energiewende auch in Zukunft noch viele Freiflächenanlagen gebaut werden müssen und Effizienz bei der Umsetzung sehr wichtig ist, zeichnet die unabhängige Jury das Unternehmen mit dem Prädikat „top business model“ aus.

Die Juroren:

Volker Quaschning ist Professor für regenerative Energiesysteme an der HTW Berlin. Hans Urban ist langjähriger Experte und Consultant für Photovoltaik, Speicher und E-Mobilität. Winfried Wahl ist seit über 15 Jahren bei verschiedenen Herstellern im Bereich erneuerbare Energien tätig.

Mehr Infos, bisherige Preisträger (seit 2014) und alles zur Bewerbung unter: www.pv-magazine.de/highlights

Einsendeschluss für die nächste Runde: 10. März 2025

Dazu wollen er und seine Mitstreiter mehr Informationen zusammentragen, die schwer verfügbar sind und für die man gute Länderkenntnisse benötigt. Etwa die zu den Redispatch-Maßnahmen, für die dvlp die Netzbetreiber kontaktieren muss. Dass das Datensammeln mühselig ist, glaubt man Schmidt sofort. Die Ausbaupläne der vielen Hundert Verteilnetzbetreiber liegen zwar als digitale Berichte vor – sind aber als PDF-Datei leider unbrauchbar für digitale Tools. Sie müssen so aufbereitet werden, dass sie per Mausklick auf der Karte abgerufen werden können.

Gestartet ist dvlp vor etwa einem Jahr mit Fokus auf Photovoltaik und Batteriespeicher. Über letztere hat Schmidt am Imperial Collage promoviert und ein Buch mit dem Titel „Monetizing Energy Storage“ geschrieben, das auch viele Projektentwicker kennen, sagt er, was zum Marktstart durchaus helfen dürfte. Auch Oldenburg kommt aus dem Batteriebereich. „Wir hatten verschiedene Geschäftsideen“, sagt Schmidt. Auf der Intersolar 2023, nach Gesprächen mit Projektentwicklern, konkretisierte sich das Konzept für das jetzige Start-up. Im Co-Working Space trafen sie auf die Webentwicklerin Oliwia Golec. „Eine Hochzeit im Himmel“, so Schmidt.

Die Gründer von dvlp (v.l.n.r.): Fabio Oldenburg (CCO), Oliwia Golec (CTO), Oliver Schmidt (CEO)

Foto: dvlp

In die schlechte Stimmung bezüglich der Möglichkeiten für Start-ups in Deutschland stimmt Schmidt nicht mit ein. Ein Exist-Gründerstipendium erlaubte ihm und seinen Mitstreitern die Software-Entwicklung. Die Förderlandschaft sei phänomenal, sagt er. Im Februar 2024 kam der erste Kunde, aber richtig live gegangen sind sie auf der Intersolar im darauffolgenden Sommer. „Vor der Intersolar hatten wir fünf Kunden, jetzt ist es bereits eine hohe zweistellige Anzahl.“ Zur Zeit gebe es noch eine kleine Finanzierung durch das Profit-Programm der Investitionsbank Berlin, die einen Puffer verschaffe, aber das Unternehmen sei profitabel.

Das nächste Feature steht auch kurz vor der Einführung. Da die Netzanschlüsse oft das Nadelöhr sind, soll die Plattform Projektentwicklern die Möglichkeit geben, sich zu vernetzen. Hat ein Betreiber zu viel Netzanschlusskapazität, will er vielleicht einen Teil gegen eine Kompensation abgeben, etwa wenn ein Teil eines selbst gebauten Umspannwerks nicht benötigt wird. Solch eine Kooperation ist verzwickt, weiß auch Schmidt. Projekt­entwickler haben vor ihren Wettbewerbern Berührungsängste – nicht dass ihnen jemand in einer Region zuvorkommt.

Onesolar-Entwickler Benedikt Ziegert kann es sich jedenfalls vorstellen, die neue Funktion zu nutzen. Bei dem Projekt in Bayern, das aus der Weißflächenkartierung kommt – so nennt man es, wenn man ohne direkten Kontakt eine Fläche sucht – wird er als Nächstes Kontakt mit den Landbesitzern aufnehmen, sofern sich die Fläche nach weiterer Evaluation als günstig erweist. Günstig in dem Sinn, dass es nicht nur eine gute Chance auf einen Netzanschluss gibt, sondern dass auch die anderen Parameter stimmen und möglichst keine Naturschutzgebiete tangiert werden oder die Bodenfruchtbarkeit zu hoch ist. Wenn die Landbesitzer bereit sind, das Gelände zu verpachten, benötigt er als nächstes die Zustimmung der Gemeinde. Die dvlp-Plattform ist so angelegt, dass man im Prinzip bis zum Ende der Entwicklung, bis es in die technische Anlagen-Detailplanung geht, die Projekte verwalten kann.

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